08.02.2024, Sylkes Tagebuch, Auckland, Summer in the City

Stadt. Kontrastprogramm. Sehr viel Stadt. Wir sind nach so viel Landschaft und kleinen Orten etwas entwöhnt gewesen. Selbst Napier ist ja eher beschaulich, aber hier ist das wirklich eine riesige Stadt. Einen Vorgeschmack hatten wir ja schon bei der Ankunft und beim Durchqueren Richtung Süden, aber zu Fuß direkt zwischen den doch ordentlich hohen Gebäuden zu gehen und zu stehen ist doch etwas anderes, zumal der Skytower das noch betont. Eigentlich hat sich Auckland, wo immerhin ca. ein Drittel der Neuseeländer leben, mit seinen vielen Stadteilen und deren einzelnen Zentren ganz gut auf die Inseln und Halbinseln verteilt. 

Wir müssen uns zunächst ein wenig orientieren und erstehen in der Newmarket Station zwei nachladbare Bustickets, die jeweils beim Ein- und Austritt in einen Bus abgestempelt werden müssen. Das Prinzip kennen wir bereits aus anderen Großstädten. Abgesehen davon gibt es hier wohl sowohl feste Linienbusse als auch vier verschiedenen, immer in unterschiedlich großen Runden fahrende Linien. Dauert ein bisschen, bis wir das wirklich begreifen, aber dann ist es verstanden. Und los geht's.

Unser erster Stopp führt uns in die Gegend um den Hafen herum in das Wynyard Quarter. Hier gibt es den Fischmarkt mit vielen Ständen mit frischem Fisch und anderem Meeresgetier und eine große Anzahl von Restaurants. Die Sonnen brennt vom knallblauen Himmel, der Sommer lässt sich nicht lumpen. Am Hafen liegen neben unzähligen kleinen und mittleren Segelbooten auch richtig fette Klopper. Laut Reisführer soll ja jeder sechste Einwohner Aucklands ein (Segel-)Schiff haben. Im Hintergrund die Skyline der Stadt, vor uns die Marina, neben uns alte Silos und Industriereste, dazwischen wie so oft in Neuseeland viele Möglichkeiten für ein Päuschen im Schatten, Kulturinitiativen, Spielplätze mit intakten tollen Spielgeräten und sogar die Möglichkeiten des urbanen Gärtnerns. Mir ist schon an verschiedensten Orten aufgefallen, wie viel Wert auf so etwas gelegt wird. Eine schattige Bank, kostenlose Toilette oder vernünftige Schaukel für kleine Kinder zu finden ist nirgendwo problematisch. Da können sich unsere Städte in Europa so manches abgucken.

Urban Gardening


Links: Groß hinter klein. Rechts: Ausguck-Konstruktion für Besucher.

Bekanntes Verfahren...

... mit neuem Hintergrund

Entspannungsplatz und Bodenbelege à la Maori

Wir stürzen uns weiter ins Gewusel. Die Queen Street und die gesamt Ecke südlich der Harbour Bridge ist es sehr mondän und wir treffen auf einen interessanten Mix aus alten Gebäuden aus dem 19. Jahrhundert neben hochmodernen Neubauten und Wolkenkratzern des letzten Jahrhunderts. Die Geschäfte sind hier leider so universell wie bei uns, Luxusläden der bekannten Marken stehen eng nebeneinander, danach kommen Juweliere, Handyläden und vermutlich günstigere Klamottenläden, Restaurants und Cafés. Eigentlich eher langweilig, aber das gehört wohl zu einer modernen größeren Stadt dazu. Bei Starbucks trinken wir zwei sehr wohltuenden Frapuccinos (kalten Cappuccinos, machen etwas Hirnfrost, tun aber sehr gut).

Boss mit Security. Und The Guardian

Weiter geht es Richtung Süden und wir erreichen die K-Road, die eigentlich Karangahape Road heißt. Obwohl zu Fuß keine Viertelstunde von den Nobelbutiken der Queen Street entfernt, ist hier das Stadtbild völlig anders. Die Straße hatte einst laut Reiseführer einen sehr zweifelhaften Ruf, ist jetzt aber eher in der Kategorie alternativ angekommen, was auch immer das heißen mag. Es gibt alte Fassaden, die mich an alte Westernfilme im Fernsehen erinnern würden, wenn da nicht wie auch schon auf Tasmanien diese merkwürdigen abgehängten Vordächer dranhängen würden, interessante Geschäfte, Galerien, Restaurants und vieles mehr. Auf jeden Fall vielfältiger als der immer gleiche Kram in der Queen Street.


K-Road. Massage im Angebot. Rechts: Straßenübergang in LGTBQ-Farben




Bisschen wie in alten Western, oder?  Trotz der abgehängten Vordächer.

Nach dem Durchqueren einer kleinen Passage landen wir überraschend in einem sehr ruhigen grünen Zwischenabschnitt namens Myers Park, der nur durch eine größerer Häuserreihe von der Unruhe der Einkaufsstraßen entfernt ist. Lange Treppen und hohe Palmen, eine Moses-Statue (Nachbildung von der Michelangelos) und wieder einen toller Spielplatz mit Kindern(!), Müttern und Vätern finden wir hier vor. Die wirklich sehr sehenswerten Palmen haben wie übrigens fast alle Strommasten auf Tasmanien und in Neuseeland zum Schutz vor Kusus eine Blechmanschette. Die Viecher sind unheimlich gute Kletterer und zu allerhand Unfug in der Lage, egal ob bei einer Palme der einem Transformator.


In der Passage zu Myers Park

Myers Park. Palme mit Anti-Possum-Manschette.

Die mittlere Palme ist irgendwie anders.


Holzkunst an der K-Road

Der nächste Bus ist unser und führt uns in den oft als ältesten Stadtteil bezeichneten Vorort Parnell. Eigentlich hatten wir wieder in "unserem" Viertel essen und danach eventuell noch einen Blick vom Mount Eden werfen wollen, aber das sah aus dem Bus so gemütlich aus, dass wir uns spontan umentscheiden. Die Straßen und Häuser sind kleiner, es gibt deutlich mehr Bäume und Gärten, alles wirkt ein wenig beschaulich, wenn nicht sogar etwas verschlafen. Wir beschließen den Stadttag in einer kleinen, etwas exklusiveren Pizzeria zwischen einem Tisch mit Work-And-Travel-Leutchen aus Europa und Asien und einer Familie, deren ca. drei Jahre alter Bubi während des ganzen Essens (von dem er sicher nichts mit bekam) ausschließlich auf ein Handy starrte. Das scheint hier auch nicht besser zu sein als bei uns. Doof, aber irgendwie auch beruhigend. Schließlich wird man überall durch Schilder zu einem vernünftigen Umgang mit dem Verkehr, der Umwelt oder eben auch Kindern aufgefordert.

Beschauliches Parnell und der Gründer von Parnell Village, Les Harvey

Den Ausflug auf en Mount Eden verschieben wir auf morgen und kaufen noch ein wenig für das letzte Frühstück auf der Nordinsel. Auf dem Heimweg durch die Autoverkaufsstraße Aucklands diskutieren wir über die Automarken, die zum Verkauf angeboten werden, und die, die wir bisher am häufigsten auf den Straßen wahrgenommen haben. Um uns herum sehen wir die Vertretungen für Mercedes, BMW, Volkswagen, Audi, Mini, MG, Rolls Royce und Fiat. auf den Straßen fahren (bis auf ein paar wenige Krachmacher, deren "Sport" sich vermutlich durch den Adrenalinspiegel der erschrockenen Passanten erklärt) überwiegend asiatische Marken oder solche, die zumindest ich gar nicht kenne. Das Straßenbild wird bestimmt durch einen etwas höheren Anteil an Pickups und anderen kräftigeren Fahrzeugen und aus meiner Sicht eher normalen Autos, aber das ist echt nicht mein Spezialgebiet. Der Trend geht  bei den zum Verkauf angebotenen Wagen zu großen Fahrzeugen (groß bezogen auf das Volumen, die Höhe und die Breite; zu PS bzw. kW kann ich mich da nicht äußern). Ob das der Nachfrage entsprich? 

Im Motel angekommen beenden wir den Tag auf dem kleinen Balkon. Das Wetter scheint wieder umzuschlagen, aber das hatten wir ja schon. Der Online-Checkin nach Christchurch war erstaunlich einfach mit nur einem Klick. Wenn es Wetter und Zeit hergeben, sehen wir uns morgen die Stadt noch einmal von oben an. Der Flug geht erst um 17:15 Uhr, das sollte ja wohl zu schaffen sein.

P.S: Gerade meint der Mann, mit dem ich hier bin, dass Deutsche auf den Parkplatz gefahren wären. Ist aber ein Polizeiwagen. Auf meine Frage, warum er die für Deutsche (Polizisten?) hält, kam nur die Antwort: "Weil sie in die falsche Einfahrt, also in die Ausfahrt, gefahren sind." Soviel dazu.    


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