
Zeit zu gehen. Oder, besser gesagt, zu fliegen. Diese sagenhaften sechs Wochen sind vorbei und wir machen uns auf den Rückflug. Schweren und zugleich leichten Herzens. Es war unfassbar schön, aber wir freuen uns natürlich auch auf unser Zuhause, die Familie, die Freunde und unsere eigenen Betten. Und es warten Arbeit, Pläne und neue Aufgaben auf uns. Kann ja nicht immer nur Urlaub sein. Man muss ja auch das Gegenteil haben, um den Unterschied wahrzunehmen. Das ist wie mit dem schönen Wetter. Ohne Regen ist die Sonne nur halb so schön, ein paar Wolken machen den Himmel ohnehin interessanter. Wobei ich auf den Dauerregen der letzten Wochen durchaus verzichten könnte.
Diesmal geht es nicht über Asien, sondern über San Francisco. Damit haben wir, so dekadent das auch klingt, wirklich die Welt umrundet. Das war nicht unser Ziel und auch nicht unser Wunsch, sondern hat sich so ergeben und war zudem, warum auch immer, deutlich billiger als auf der gleichen Strecke zurückzufliegen. Ziel und Wunsch dagegen war, alte Freunde wiederzusehen und einen seit 36 Jahren bestehenden Traum zu verwirklichen. Es liegen dreizehn Stunden Flug bis San Francisco, dann ca. sieben Stunden Pause und erneut elf Stunden bis Frankfurt vor uns. Danach noch der Flug nach Hamburg und die Fahrt nach Hause. Anstrengend, lässt sich aber ohne das Flohpulver aus Harry Potter kaum vermeiden. Am Flughafen in Christchurch befindet sich ein interaktiver Bildschirm, über den man die aktuellen Flugobjekte sehen kann. Es ist schon bemerkenswert, wie viele Helikopter und Kleinflugzeuge sich über den touristischen Highlights befinden.
Interaktiver Bildschirm im Flughafen Christchurch
"Unser" Flugzeug von United Airlines
Wir haben wie auch schon bei einem Tel des Hinflugs Sitzplätze ganz hinten in der Ecke. Das hat den Vorteil, dass man neben sich noch ein wenig mehr Platz hat und nicht extra weitere Personen zum Aufstehen bitten muss, wenn man mal aufstehen muss. Zur Unterhaltung sind wie bei Ethyhat Filme und Speile über die Rücklehne der Plätze vor einem zum Zeitvertreib aufzurufen. Leider gibt es nur In-Ear-Kopfhörer, die für meine Ohren eine ungewohnte Qual sind. Aber zwei Filme habe ich durchgehalten. Da sich die Amerikaner gegen alles Mögliche absichern, sind die Warnungen bei den Filmbeschreibungen schon sehr speziell und zum teil echt lustig. Was bitte ist deutliche Nacktheit? Wo fängt das an und wo hört teilweise Nacktheit auf? Ist vermutlich viel gefährlicher als die Waffe im Wohnzimmerschrank, wenn man mal ein nacktes Stück vom Körper sieht. Den Film habe ich mir im Übrigen aus anderen Gründen nicht angesehen.

In meiner Vorstellung landen wir natürlich im Sonnenaufgang mit flachem Flug direkt über die Golden Gate Bridge. Ist aber nicht so. Es ist noch zu früh am Morgen und dunkel, sodass man nur die Lichter sieht. Lustigerweise sind kurz nach Freitagmittag in Christchurch gestartet und kommen Freitagmorgen(!) in San Francisco an, weil wir mit der Zeit reisen und unterwegs die Datumsgrenze überfliegen.
Die Passkontrolle ist äußerst langwierig. Wir müssen Ewigkeiten anstehen, werden fotografiert, müssen alle Finger mit Abdrücken einscannen lassen und auch noch das aufgegebene Gepäck abholen und erneut aufgeben, da es keinen Transitbereich gibt. Dann haben wir noch ein zusätzliches Problem. Ich hatte von unseren übrig gebliebenen Vorräten vier Äpfel und eine Avocado im Rucksack, die wir eigentlich am Flughafen in Christchurch oder im Flugzeug essen wollten und die ich dann vergessen habe. Auf großen Schildern wird in San Francisco die Deklaration frischen Obstes und Gemüses eingefordert. Um nicht gleich verhaftet zu werden, gebe ich das beim Zollmenschen an und frage, ob wir das verzehren können oder ob das weggeworfen werden muss. Da Roland vor mir nichts ahnend angegeben hat, dass wir nichts zu deklarieren haben, nimmt der zum Glück recht nette Zollmensch statt uns nur unsere Pässe in Gewahrsam. Die liegen nun in einer alarmgesicherten verschlossenen Box. An der Gepäckausgabe schildere ich den Sachverhalt erneut und wir müssen die Äpfel und die Avocado abgeben. Dafür kommen die Pässe wieder frei. Das Essen (Brötchen und Kaffee) auf dem Flughafen ist übrigens ziemlich teuer. Hätte ich die Äpfel bloß eher gegessen.
Nix Stadt angucken und Golden Gate Bridge. Es ist zu dunkel.
Beim erneuten Einchecken für den Weiterflug werden wieder die Gesichter automatisch mit den Pässen verglichen. Das klappt bei Roland nicht. Entweder der ist zwischenzeitlich ohne mein Bemerken durch einen Avatar ausgetauscht worden oder er ist so müde, dass er weder mit noch ohne Brille seinem recht netten Passbild ähnlich sieht. Die Aufforderung, etwas netter und wacher zu gucken, hilft auch nicht. Nach mehrfachen (sechs oder sieben Mal) gibt die Frau vom Zoll auf und vergleicht das mit eigenen menschlichen Augen. Klappt mit einem etwas mitleidigen Blick auf den müden Mann dann doch noch.
Das Flugzeug hat dann auch noch Probleme und wir fliegen mit fast eineinhalb Stunden Verspätung bei schönstem Wetter los. Die Boing 777 erscheint mir deutlich länger als die Flugzeuge vorher, das Filmangebot ist gleich. Die Golden Gate sehen wir diesmal zumindest aus der Ferne, ist aber ja auch nicht so wichtig. Während es in San Francisco laut Internet 9 Grad warm ist, liegt auf den Rocky Mountains noch Schnee.
Abflug San Francisco
Rocky Mountains
Dank virtueller Landkarte können wir die gesamte Flugroute und unsere jeweils aktuelle Position sehen. Wir fliegen wie erwartet ziemlich weit nördlich. Es geht quer über Kanada, knapp unterhalb von Grönland und Island von Westen in Irland entlang des Shannon Rivers über Südengland und Brüssel nach Frankfurt. Während Irland und England im Sonnenlicht glänzen, türmen sich über dem Ärmelkanal ganze Wolkenberge. In Frankfurt hat es gerade geregnet, aber zwischendurch guckt auch mal die Sonne hervor.
Interaktive Flugroute
Himmel über Irland und Südengland
In Hamburg werden wir netterweise von einem alten Freund abgeholt, der weiß, wie es einem nach einem so langen Flug geht. Wir tauschen während der Fahrt Erfahrungen über Neuseeland aus (er war schon zweimal da) und er interessiert sich sehr für Tasmanien. Ganz schön müde erreichen wir unser Zuhause. Das Frühjahr hat trotz des Regens Einzug gehalten, die Krokusse und letzten Schneeglöckchen blühen. Vom Spätsommer direkt in den Vorfrühling. Super. Die ersten Waschmaschine läuft, meine Rucksäcke sind bereits gewaschen und auch meinen neuen Reisebehälter habe ich gesäubert. der war mit weißem Glibber bedeckt und offener Deckeltasche vom Gepäckband gekommen. Nicht Rei in der Tube, sondern Rei aus der Tube. Mein Fehler. Ich mache noch einen dringenden besuch in Oldenburg und habe auf dem Rückweg echte Schwierigkeiten, die Augen offen zu halten. Jetzt geht es in mein wunderbares eigenes Bett. Mit eigener Bettdecke und fester Matratze.
Herrlich.
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